MO Editorial
Liebe Leserin
Lieber Leser
Die optische Gestaltung dieser Ausgabe von MO sieht etwas anders aus. Wir haben uns damit kritisch auf die Coverpolitik des Magazins „profil“ bezogen, das den Islam auf irritierende Weise mit Gewalt („Was den Islam gefährlich macht“) und Bedrohungscodes (ausradierte Gesichter eines traditionell gekleideten Paares – die Muslime als „Black Box“) in Verbindung bringt. Terroranschläge werden zum Anlass genommen, die Religion von Muslimen und damit 500.000 BürgerInnen Österreichs in die Nähe eines Generalverdachts zu rücken. Mehr dazu im Interview mit Univ.Prof. Rüdiger Lohlker in dieser Ausgabe. Dudu Kücükgöl von der Muslimischen Jugend hat jedenfalls recht, wenn sie ihren Kommentar über das Islamgesetz in dieser Ausgabe so betitelt: „Im Zweifel gegen Bürgerrechte“. Das vom Nationalrat beschlossene Gesetz bestätigt nun auf gesetzlicher Ebene noch einmal eine gesellschaftliche Realität: Muslime, egal ob praktizierend oder nicht, werden als BürgerInnen zweiter Klasse angesehen, deren religiöse Praxis und Vereine mit einem Mißtrauensvorschuß behandelt. Auch ein Interview mit dem ersten muslimischen ÖVP-Parlamentarier Asdin El-Habbassi in dieser Ausgabe erzählt von der Stimmung in diesem Land. Über Erfahrungen, die Familienangehörige gemacht haben, wollte El-Habbassi nicht mehr sprechen, wir haben das respektiert. Auch direkt an der Produktion dieser Ausgabe konnten wir einen gewissen Leidensdruck ablesen. Einige Texte für dieses Heft kamen nicht (mehr) zustande, AutorInnen wollten sich – aus Sorge – nicht mehr als MuslimInnen exponieren oder haben einfach genug von einer Diskussion, die vor allem in eine Richtung verläuft. Stimmen wie die von Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière oder Frankreichs Präsident François Hollande, vermisst man in Österreich. Sie erklärten ohne Umschweife, dass der Islam ein Teil ihres Landes ist. In Österreich äußerte sich Reinhold Mitterlehner als einer der wenigen in dieser Weise. Die Gründung des Netzwerks Islamische Zivilgesellschaft ist jedenfalls kein Zufall – die Basis ergreift das Wort.
Spannende Momente wünscht
Gunnar Landsgesell
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