„1:0 für den Humanismus“
Walter Windischbauer, Obmann Stellvertreter des Tischtennisclubs UTTC Salzburg, erzählt, wie es gelang, Huseyn Salimov, eines seiner größten Talente, nach einer Abschiebung wieder nach Österreich zu holen. Ein Beitrag im neuen MO-Magazin für Menschenrechte. Interview: Gunnar Landsgesell
Mitte Februar 2022 wurde der 13-jährige Huseyn mit seiner Familie nach Aserbaidschan abgeschoben. Er gilt als großes Tischtennis-Talent, Sie haben ihn über Jahre betreut. Wie ist es gelungen, ihn zurückzuholen?
Die Umstände der Abschiebung der Familie waren ein Schock für uns alle. Wir haben sofort eine Petition auf- gesetzt, die 14.500 Menschen unterschrieben haben. Dann haben wir einen Hilfsfonds gegründet, für den ein paar Tausend Euro zusammenkamen, um einen Anwalt und anfallende Kosten zu bezahlen. Ich selbst bin zwar Jurist, aber auf diesem Gebiet nicht erfahren. Durch den Magistrat der Stadt Salzburg konnten wir in Erfahrung bringen, dass über ein Schülervisum eine Rückkehr möglich sein könnte, falls die formalen Voraussetzungen erfüllt sind. Das war gar nicht so leicht, ich musste eine Haftungserklärung unterschreiben und es gab noch einige andere Hürden mehr. Währenddessen haben wir oft mit Huseyns Mutter telefoniert. Als ich gelesen habe, dass der Rechtsanwalt Wilfried Embacher es geschafft hat, die ebenfalls abgeschobene Schülerin Tina zurückzuholen, habe ich ihn kontaktiert.
War Ihnen bereits klar, dass es nur gelingen könne, den 14-jährigen Huseyn allein nach Österreich zurückzuholen?
Ja, denn für die Eltern lag nach der Abschiebung ein zwei- oder dreijähriges Einreiseverbot vor. Aus den Stellung- nahmen von Frau Griss, die die Kindeswohlkommission geleitet hatte, wusste ich, dass es Teil der Kinderrechte ist, dass man nicht Hals über Kopf aus seinem Umfeld herausgerissen werden kann. Darauf hat auch Embacher nach juristischen Zwischenschritten mit seiner Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof aufgebaut.
Wie haben Sie von der Abschiebung erfahren?
Ich habe am 12. Februar einen Anruf von Huseyns Vater bekommen: Sechs Polizisten seien vor der Tür, die sagen, sie müssten weg. Ich bin sofort hingefahren, dort haben mir Beamte gesagt, sie haben den Auftrag, die Familie abzuholen und zu einer Niederlassung des Bundesamts für Asyl an der Grenze bringen. Ich konnte nicht viel tun, weil ich kein Rechtsanwalt, sondern nur ein Freund bin. Ich habe nachgefragt, wie das möglich sei, dass die Familie ausreisen müsse, wenn sie noch nicht einmal einen Bescheid erhalten habe. Dann hat mir ein Polizist einen Bescheid vorgelegt und sinngemäß gemeint, ich könne ihn der Familie ja vorlesen. Ich wollte wissen, ob es wenigstens einen Raum gibt, wo ich das tun kann. Nein, also musste ich das am Parkplatz machen. Das war schon eine schwierige Situation, im Freien stehend, umringt von sechs Polizisten. Aber zumindest für Huseyn ist es doch noch glimpflich ausgegangen.
Wie geht es Huseyn heute?
Es geht ihm gut, er ist zurück in seinem vertrauten Umfeld. Er ist wieder in der Schule, spielt extrem viel Tischtennis und baut seine Freundschaften wieder auf. Und er fühlt sich wohl bei der Familie, bei der er jetzt wohnt. Er will später eine Polytechnische oder die Handelsschule machen. Aber das war schon ein hartes Jahr für die Mutter und die Familie, und auch für uns, die wir uns alle um ihn bemüht haben, mit den ganzen Rückschlägen, die man dabei erleben muss.
Unterstützen Sie jetzt unabhängigen Menschenrechtsjournalismus mit einem MO-Magazin-Solidaritäts-Abo