Armut statt Arme bekämpfen
Arme bekämpfen statt Armut bekämpfen. Rechtskonservative PolitikerInnen wollen die Städte zugunsten einerordentlichen Ästhetik säubern.
Liebe Leserin
Lieber Leser
Armut ist unsichtbar. Vielleicht fallen die Reaktionen in reichen Ländern wie Österreich deshalb so empfindlich aus, wenn von Armut betroffene Menschen im öffentlichen Raum intervenieren. In jüngster Zeit haben sich rechtskonservative PolitikerInnen auf „organisierte“ BettlerInnen aus dem Osten eingeschossen und angekündigt, die Städte zugunsten einer „ordentlichen“ Ästhetik zu säubern. Wir haben die Menschen besucht und statt der „Bettel-Mafia“ nur EU-BürgerInnen getroffen, die über ihre sozialen Rechte ziemlich wenig wissen.
Im Übrigen: Was sollte schlecht daran sein, dass prekarisierte Menschen sich organisieren? Und was ist dagegen einzuwenden, dass von Arm nach Reich nicht nur zwischen Staaten, sondern auch auf individueller Ebene soziale Transfers stattfinden? Armut ist insbesondere dann unsichtbar, wenn illegalisierte Menschen von ihr betroffen sind. Illegalisierte scheinen in keiner Statistik auf und werden – wie Rubia Salgado von maiz kommentiert – auch von NGOs nicht immer mit Vehemenz gegen nationlstaatliche Exklusionen verteidigt. Armut ist also immer auch eine Frage der Perspektive.
Das beginnt schon bei den Repräsentationstechniken der Medien. Geht es um Arme, fängt die Kamera sogleich Bilder des Elends ein. Dieser Blick reproduziert jene Attribute, die die Gesellschaft für von Armut betroffene Menschen oft bereithält: Scham und Beschämung, die leicht in eine subjektiv empfundene Handlungsunfähigkeit führen können. Das wird auch das Leitthema des nächsten Armutskonferenz-Treffens Anfang März, in Salzburg sein. Dort sollen Strategien gegen die Stigmatisierungsfalle gefunden werden.
Martin Schenk von der Armutskonferenz weist darauf hin, dass Armut kein Schicksal, sondern ein Zustand ist, von dem jede/r betroffen sein kann. Das „wir“ und „sie“ als gesellschaftliche Exklusion erweist sich insofern als Machtpraxis, als sich das gesellschaftliche Gefüge besser stabilisieren lässt. Um diese Logik aufzuheben, erklärt Vinzi- Pfarrer Pucher im Interview, warum die Armen alle Rechte haben.
Mit unserer provokanten Frage auf dem Cover dieser Ausgabe haben auch wir uns erlaubt, diese Logik zu hinterfragen. Lesen Sie selbt, was sie zu Tage fördert.
Spannende Momente wünscht
Gunnar Landsgesell